Run-offs in der Lebensversicherung – und wie geht es weiter?

01.01.2018

Aktuell berichten viele Medien, dass Lebensversicherer den Vertrieb neuer Lebens- und Rentenversicherungen eingestellt und das Bestandsgeschäft in den sogenannten Run-off überführt hätten. Was ist hierunter zu verstehen und wie geht es für die Kunden der betroffenen Lebensversicherer weiter?

Hintergrund aller Überlegungen ist, dass die Versicherer bei klassischen Lebens- und Rentenversicherungsverträgen mit einem garantierten Rechnungszins (je nach Abschlussjahr zwischen 0,9 % und 4 %) die versprochenen Zinssätze nicht oder nur noch schwerlich erwirtschaften können. Ursache sind insbesondere die restriktiven Kapitalanlagevorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes, die Versicherer dazu zwingen nur sehr sichere Anlagen (im Wesentlichen festverzinsliche Papiere und Staatsanleihen) zu tätigen. In diesem Segment des Kapitalmarkts liegen die heute erzielbaren Zinsen nahe Null. Zur Absicherung der in der Vergangenheit vereinbarten Garantiezusagen wird den Versicherern seitens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorgeschrieben, in erheblichem Umfang Zinszusatzreserven zu bilden.
Dieses Gesamtszenario führte dazu, dass fast sämtliche Versicherer den Verkauf neuer Policen mit Zinsgarantie einstellten und andere Produkte, bei denen die Kundengelder in alternativen Kapitalmärkten (Aktien, Immobilien, u. a.) angelegt werden, verkaufen. Diese neuen Produkte werden dann auch mit anderen, meist auf Kapitalerhaltung ausgerichteten, Garantien ausgestattet. Dies dürfte letztlich zu besseren und nachhaltigeren Renditen führen, was im Jahr 2017 erneut belegt werden konnte. 

Was bedeutet ein Run-off konkret?
Der Bestand an „alten“ Garantieverträgen eines Versicherers wird nicht mehr mit Neuverträgen belastet, d.h., der Bestand schmilzt bedingt durch die Vertragsabläufe ab – die bestehenden Verträge werden unter Berücksichtigung der vereinbarten Garantien nur noch abgewickelt. Da keine Neuverträge mehr abgeschlossen werden, ist es möglich, den Verwaltungsaufwand beim Versicherer zu reduzieren. Diese Verwaltungskostenreduzierung trägt dazu bei, ggf. nicht nur den Garantiezins, sondern ggf. darüber hinaus, die Leistungen für Versicherte verbessern zu können. 

Der Run-off wird bereits von vielen Gesellschaften in Eigenverwaltung für separierte Bestände mit einheitlichem Rechnungszins vorgenommen, eine Praxis, die z. B. in der Privaten Krankenversicherung üblich ist. An den bestehenden Verträgen ändert sich nichts und der Kunde bemerkt diesen Vorgang nicht einmal. Einige Versicherer haben sich nun dazu entschlossen ihre Bestände an Garantiepolicen an darauf spezialisierte (Abwicklungs-) Gesellschaften zu veräußern. Diese Spezialisten wollen durch erhebliche Kosteneinsparungen, die sich möglicherweise auch im Service bemerkbar machen können (z. B. Standmitteilungen, Bearbeitungsdauern), Verträge profitabel verwalten.
Da der durch solche Kosteneinsparungen realisierte Gewinn (bei Aktiengesellschaften) lediglich zu 50 % an die Versicherten weitergegeben werden muss, versprechen sich diese Abwicklungsgesellschaften gute Kapitalrenditen. 

Was bedeutet eine solche Übertragung konkret für den Versicherungsnehmer?

  • Eine Übertragung von Verträgen kann und darf nur mit Genehmigung der BaFin erfolgen.  
  • Die BaFin überwacht natürlich auch die übernehmenden Gesellschaften und diese müssen sicherstellen, dass alle übernommenen Garantien erfüllt werden. 
  • Der Anreiz, überplanmäßige Gewinne durch gute Kapitalanlagen zu erzielen, ist jedoch wahrscheinlich sehr eingeschränkt, da diesbezügliche Bemühungen wiederum kostenintensiv sind. 

Was passiert bei einer Schieflage der Abwicklungsgesellschaft?
Die BaFin überwacht die Unternehmen. Nach § 314 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) muss die Behörde einschreiten, wenn die Vermögenslage eines Unternehmens ergibt, dass dieses dauerhaft außerstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen. In diesem Fall können, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind, auch vertraglich garantierte Leistungen nach § 222 Abs. 5 VAG um maximal 5 % reduziert werden. 

Was passiert bei Insolvenz?
Die garantierten Zusagen, sowie alle dem Kundenkonto bereits zugeschriebenen Überschüsse sind gesichert. Gerät ein Unternehmen in Schieflage, springt ein gesetzlicher Sicherungsfond ein. 

Unsere Empfehlungen

  • Es ist, zumindest im derzeitigen Zinsumfeld, sinnvoll, Verträge mit hohen Garantieverzinsungen fortzuführen, auch wenn diese an ein Run-off-Unternehmen überführt werden. 
  • Der Run-off-Versicherer muss, unter Kontrolle der BaFin, die Verträge erfüllen und abwickeln. 
  • Bei fälligen Verträgen kann wie bisher, unter Abwägung der individuellen Interessen, über Kapitalabfindung, Rentenzahlung oder Mischformen entschieden werden, so wie es im individuellen Vertrag vereinbart ist. 

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